· 

Von Weimar nach Jena /1



Überblick

Ca. 30 km von Weimar bis Jena. Was für unsere Vorfahren eine Tagesreise war, ist für Auto und Bahn ein Katzensprung. Zwischen den Städten scheint, vom städtischen Tagesgeschäft unbeachtet, das Land seinen eigenen Rhythmus zu leben. Für einen eiligen Stadtmenschen scheint diese Gegend wie aus der Zeit gefallen. Ihre Schönheiten zeigt diese Landschaft nur den langsam reisenden. Die alten Dörfer mit ihren archaischen Kirchen, fast vergessene Straßen und Wege und überraschende Fernblicke haben schon vor Generationen die Künstler inspiriert.

Die Tour folgt den fast vergessenen historischen Straßen und Wegen zwischen Weimar und Jena. Über steile An- und Abstiege führt der Weg von Weimar schnurgeradeaus nach Süden. Für die Fußgänger und Ochsengespanne vergangener Jahrhunderte wird der beschwerliche Weg bergauf und bergab ökonomisch gewesen sein. Für die schneller werdenden modernen Wagen waren diese Trassen kaum noch passierbar. Mit dem Bau moderner Schnellstraßen wurden sie aufgegeben und vergessen.

 


Von Weimar nach Süden

Über eine historische Wegeführung verlässt man Weimar von der Stadtmitte aus immer geradeaus nach Süden. Der Weg führt zunächst durch altes Gartenland vorbei am Historischen Friedhof und der Bauhaus-Universität, dann durch ein beliebtes Villenviertel und vorbei an großen Gärten am südlichen Stadtrand. Durch ein kleines Wäldchen (das Gehädrich) oder über die parallel verlaufende Bergstraße erreicht man den höchsten Punkt der Anhöhe unweit des Lindenhofes, einer der wenigen freistehenden Hofanlagen in der Umgebung der Stadt. Nach einem weiten Blick zurück auf die Stadt und auf die in der Ferne liegenden Hügelketten geht es weiter über den Goethe-Wanderweg nach Süden.


Der Goethe-Wanderweg

Der junge Goethe soll diesen Weg genommen haben, um Charlotte von Stein im ca. 28 km entfernt gelegenen Großkochberg zu besuchen. Seit vielen Jahren schon vollziehen die Weimarer Goethes "Liebes-Wanderungen" nach: immer am ersten Samstag im Mai wandern hier bis zu 200 Menschen, huldigen dem Dichter und begrüßen den Frühling.




Vollersroda

Das erste Dorf am Weg ist Vollersroda. Nach vielen Zerstörungen war der Ort schon aufgegeben und als Wüstung bezeichnet worden. Die kleine Dorfkirche (Neubau 1775/1895) ist gar nicht so alt, wie es vielleicht scheint. Mit ihrer schweren archaischen Gestalt gehört sie zu den vielen Dorfkirchen der Region, die den Bauhaus-Meister Lyonel Feininger inspiriert haben.




Oettern

Hinter Vollersroda folgt die Route dem Maler Lyonel Feininger. Über Feldwege geht es zunächst nach Osten, dann nach Süden bis bis zum Rand der Anhöhe kurz vor Oettern. Das kleine Dorf liegt unten im Tal, direkt an der Ilm. Bevor der Weg ziemlich steil in den Ort hinunter führt, eröffnet sich ein wundervoller Blick auf den im Tal gelegenen Ort.

Das kleine Oettern gehört zu den schönsten Dörfern der Region. Die schöne Lage direkt an der Ilm, ein Dorfplatz am Fluss, die 150 Jahre alte Steinbrücke, eine kleine barocke Kirche (oft offen!) und die offenbar sehr engagierten Bewohner machen den besonderen Reiz des Dorfes aus. Die Kirche ist meist geöffnet, oft werden hier Arbeiten regionaler Künstler ausgestellt. Man kann eine Weile in den Bänken sitzen und den Raum auf sich wirken lassen. Oder auf die Empore steigen und den typischen Kanzelaltar von oben und die Orgel aus der Nähe anschauen. In einer Ecke der Kirche hängt, ganz unscheinbar, die Kopie eines handgeschriebenen Briefes von Lyonel Feininger an seine Frau Julia (siehe unten), in dem der Maler vom Dorf und der Kirche erzählt.




Kiliansroda und Mechelroda

Hinter Oettern führt der Weg über die Wiesen bis an den Fluss. Hier geht es wieder über eine kleine Steinbrücke, ein Stück durch den Wald und dann steil den Berg hinauf bis nach Kiliansroda. "Ein richtiger Bergort" schrieb Lyonel Feininger. Und tatsächlich: der Ort liegt ganz weit oben. Am Dorfeingang eröffnet sich ein weiter Blick über das Ilmtal. Und dann gibt hier gibt es einen der wenigen noch existenten Dorfläden der Region - den sehr erfolgreiche Hofladen von Siegfried Hoffmann.

Das nur eine Straßenbiegung entfernt gelegene Dorf Mechelroda birgt eine landauf- und ab bekannte Gaststätte: Das "Goldene Einhorn" ist seit über 200 in Familienbesitz. Hier gibt es alles, was die Thüringer Küche zu bieten hat. Berühmt ist das Goldene Einhorn aber, denn ohne das geht hierzulande gar nichts - für die typischen Thüringer Kartoffelklöße.





Linda, Maina, Ottstedt, Magdala

Von Mechelroda geht es über Linda, Maina und Ottstedt nach Magdala. Mit ca. 2.000 Einwohnern gehört der Ort zu den vielen kleinen Landstädten Thüringens. Nach Zerstörungen im Sächsischen Bruderkrieg (1450/52) und einem Brand 1849 ist von der alten Substanz des Ortes nicht viel geblieben. Dafür können sich hungrige Radler in Magdala versorgen: beim Bäcker Rost gibt es den typischen Blechkuchen und einen guten Kaffee.

Die bekannteste Persönlichkeit in der Geschichte der Stadt ist wohl der Komponist Richard Wagner. Im Jahr 1849 soll sich der steckbrieflich gesuchte Komponist hier versteckt haben. Mehr dazu hier...




über Vollradisroda nach Jena

Am nördlichen Rand von Magdala kann man noch an der "Grotte" Halt machen. In seltsamer Kombination von Veranstaltungsbühne mit Ausschank (50-70ger Jahre?), Kunstgrotte (1892), "Wagner-Buche" und Kriegerdenkmal haben viele Generationen diesen Ort um- und ausgebaut.

Hinter Magdala geht es schnurgeradeaus über einen historischen Jagdstern durch den Wald bis nach Vollradisroda. Der Weiler besteht nur aus ein paar Hausern und seiner weithin bekannten Gaststätte. "Zu den vier Linden" bietet schon seit Generationen traditionelle Thüringer Küche - im Sommer unter schattigen Bäumen im Biergarten.

Nach einer Verschnaufpause in Vollradisroda ist es nicht mehr weit bis an die Ufer der Saale nach Jena. Für die Tour durch den Wald gibt es viele Möglichkeiten, immer mehr oder weniger bergab. Außer einem fast vergessenen Bismark-Denkmal gibt es auch hier Vieles zu entdecken. Davon - bei einer nächsten Gelegenheit.





Von Weimar nach Jena /1

Alte Straßen und Dörfer im Hügelland

Via: Vollersroda, Oettern, Kiliansroda, Mechelroda, Ottstedt, Magdala, Vollradisroda

Distanz: 33 km / 450 Hm

Strecke: Viele Bergauf- und -abfahrten, Feldwege und Nebenstraßen, kaum Radwege



Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Frank (Freitag, 29 April 2022 07:56)

    Es ist wirklich schade das es keine ordentlichen Radwege in Mittelthüringen gibt.