Tag 6: Leipzig-Halle (Saale)




Die andere Tradition. Giebichenstein macht Schule.



Tour: Leipzig-Halle (Saale)

ca. 53-94 Km

A. Große Runde via Röcken, Leuna, Merseburg

94 Km / 280 Hm

B. Direkt via Elsterradweg

53 Km / 160 Hm

Bahn & Bike: Teilstrecken können mit der Bahn abgekürzt werden.



Must-see:

• Kunstmuseum Moritzburg

• Burg Giebichenstein

• Gartenstadt Leuna mit Plastik-Park


Themen:

• Chemie in Leuna, Buna und Bitterfeld

• Burg Giebichenstein und die Kunstszene in Halle und Umgebung

• Das Saaletal bei Halle (Saale)


Wenn Sie mehr Zeit haben:

• Szeneviertel Lindenau und Connewitz

• Großplattenbauten in Grünau

• Friedrich Nietzsche's Grab in Röcken

• Neumarktkirche Merseburg

• Willi-Sitte-Galerie Merseburg

• Giebichensteinbrücke, Gerhard Marcks

• Das Saaletal bei Halle (Saale)

• Halle (Saale)-Neustadt



Von Leipzig nach Halle sind es keine 50 km. Und doch liegen Welten zwischen den beiden Städten. Da ist eine Landesgrenze, die Religion, Vorurteile, alte Geschichten... und Halle-Neustadt, Synonym für den problematischen DDR-Großplattenbau im Chemiedreieck Leuna-Buna-Bitterfeld. Wie so oft bei zwei Nachbarstädten ist das Verhältnis der beiden Orte schwierig. Dabei hat auch Halle hat eine lange und interessante Geschichte. Ihr historischer Stadtraum ist sehr gut erhalten, auch hier lebt es sich gut. Die Burg Giebichenstein ist das Zentrum einer ganz eigenen Kunstszene mit großer Ausstrahlung.

Der Weg führt von Leipzig nach Osten an die Saale. Zunächst geht es durch die beliebten Vororte Lindenau und Plagwitz, dann durch die Großplattensiedlung Grünau und auf einer ehemaligen Bahntrasse schnurgeradeaus nach Lützen (Gustav Adolf!) und Röcken. Das graue kleine Dorf ist vor Jahren nur knapp dem Abraumbagger entgangen. In der niedrigen Röckener Dorfkirche hat Nietzsche's Vater gepredigt. Hier ist der Philosoph und Vordenker der Moderne geboren und bestattet worden. So oder so ähnlich müssen die Dörfer ausgesehen haben, aus denen einst die Familien zur Fabrikarbeit in die Städte aufgebrochen sind.

Bei Bad Dürrenberg ist das Saaletal erreicht. Ein paar Kilometer weiter nördlich liegt Leuna. Wo bis dahin fünf Dörfer im Ackerland lagen, hat sich vor über 100 Jahren die BASF einen vor potentiellen Angriffen der französischen Luftwaffe sicheren Standort für die chemische Industrie entwickelt. Die Arbeiter lebten zunächst in Baracken. Dann wurde, nach den neuesten Modellen des Siedlungsbaus, die Gartenstadt Leuna gebaut. Historische Dorfkerne und ein paar sehr schöne, vor dem entgültigen Verfall gerettete Dorfkirchen, zeugen von der Zeit vor der Industrialisierung. Für die Arbeiter der dann so genannten Leuna-Werke wurde 1962 vom Kunstmuseum Moritzburg aus Halle der "Plastik-Park" eingerichtet. Dieser nahe der Saale am Ortsrand gelegene Skulpturenpark bietet einen Einblick in die Bildhauerkunst der frühen DDR. Die Sammlung wurde nie weitergeführt. Eine Momentaufnahme.

Grund genug für einen Besuch in Merseburg bieten die Altstadt und der Dom mit seiner Ausstellung zu den berühmten Merseburger Zaubersprüchen. Besonders schön: der Domgarten in Richtung Saale. Hier läßt sich gut pausieren. Mit etwas Glück kann man ein Frühstück von den Bäumen pflücken. Unweit des Doms widmet sich seit 2006 eine Galerie dem Werk des Hallenser Malers Willi Sitte. Nicht verpassen sollte man auch die direkt an der Saale gelegene Neumarktkirche. Nur knapp vor dem Verfall bewahrt, beherbergt die romanische Kirche heute zeitgenössische Kunst.

Die Fahrt durch das Saaletal ist sicher der schönste Zugang zur Stadt Halle. Folgt man einfach dem Fluss, so passiert man das romantische Schloss Dieskau in Schkopau und die Ruine des DDR-typischen Kulturpalastes nahe den 1936/37 gegründeten Buna-Werken. Halle erreicht man dann über die historischen Ausflugsgebiete in den Saaleauen.

Nicht weit von hier liegt auch das Kunstmuseum Moritzburg. Seine Sammlung geht auf eine Initiative der Stadt Halle aus dem Jahr 1885 zurück. Schon früh lag hier ein Schwerpunkt der Ankaufpolitik auf der zeitgenössischen Kunst. Lyonel Feininger realisierte im Auftrag der Stadt die berühmte Serie der Halle-Bilder. Neben der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts beherbergt und zeigt die Moritzburg heute auch ein facettenreiches Bild der Kunstlandschaft der DDR und den bildkünstlerischen Nachlass von Einar Schleef.

Auch ein Muss: die Burg Giebichenstein. Schon Jahre vor der Gründung des Bauhauses entstand hier eine Kunstgewerbeschule, die wegen ihrer Betonung von Handwerk und Materialbeherrschung oft als Gegenspielerin des Bauhauses verstanden wurde. Mit dem Umzug des Bauhauses 1925 in Dessau wechselte eine Reihe von Bauhäuslern, darunter Gerhard Marcks und Marguerite Friedlaender, an die seit 1915 von Paul Thiersch aufgebaute Schule in Halle. Heute gehören die Studierenden der "Burg" zu den unübersehbaren Motoren der Stadtentwicklung.

Den Tag kann man in Halle auf viele Arten und Weisen ausklingen lassen: eine kleine Tour durch die schon seit über 100 Jahren für die arbeitsfreie Zeit genutzen Saale-Auen und ein Bierchen am Fluss mit Blick auf den Giebichenstein gehören hier wohl zu den schönsten Möglichkeiten.


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